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Matsch; Ulrich von Matsch, der gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts lebte, vergriff sich gewaltsam an des Klosters Besitzthum, und als Hermann von Schauenstein, der Abt, ein Mann von dreißig Jahren, schöngestalt und weise, bei Otto dem Grafen von Tirol Schutz erbeten hatte, fiel der Vogt von Matsch mit seinen Reisigen über das Stift, nahm den Abt gefangen und ließ ihn im Thale von Schlinig enthaupten. Darauf pilgerte er zum Papste nach Avignon und kam mit einer Ablaßbulle zurück, die ihm aber viel mehr Buße auflegte als er leisten mochte. So trieb er sein Sündenleben fort, bis er, wahrscheinlich auf Anstiften der heiligen Vehme, durch seinen Oheim Egeno von Matsch erstochen oder erwürgt wurde. Darnach 1311 übernahm der Landesfürst die Schirmvogtei. Der Abt des Klosters darf die Inful tragen und hat ihm dieß Recht das Concilium zu Basel verliehen; auch ist er tirolischer Landstand und Hofcaplan. Seit 1724 besetzt das Kloster auch das Gymnasium zu Meran mit Lehrern. Eine alte Celebrität des Stiftes ist der Prior Goswin, welcher ums Jahr 1390 Herzog Leopolds von Oesterreich Hofcaplan war und eine Chronik von Marienberg schrieb, die der erste Band der Beiträge für Geschichte von Tirol und Vorarlberg in deutscher Uebersetzung mittheilt.

Am andern Morgen früh war lärmendes Leben im Wirthshaushofe. Zwei Stellwagen wurden gepackt, angespannt und fertig gemacht. Der eine ging nach Landeck, der andre nach Meran; beide waren zum Erdrücken voll. Mir war noch die langweilige Bequemlichkeit von gestern zu sehr im Sinne, als daß ich wieder hätte einsteigen mögen; es schien viel angenehmer das Vintschgau hinab zu Fuße zu gehen. Bald fand sich auch Jemand der geneigt war mich zu begleiten, ein tüchtiger Professor von Dorpat, der nach Italien fuhr. Mit diesem brach ich auf am wunderschönen Morgen, der mählich zum warmen hellen Sommertage wurde.

Zuerst also gingen wir von Mals eine Viertelstunde weit nach Tartsch und stiegen auf den Tartscher Bühel, eine freistehende Höhe, die eine alte Kirche trägt und eine herrliche Rundsicht gibt. Da sahen wir hinunter auf Mals, das schon

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_284.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)