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1339 kaum fünf oder sechs Jahre hätte alt seyn können – ein Lebensalter, in dem man sich noch nicht verschwört. So ist also ein filius naturalis eine Unmöglichkeit und das f. muß als frater angesehen werden. Nach der andern Annahme, die Margarethens Geburt ins Jahr 1307 setzt, kann man das Alter dieses Sohnes allerdings auf sechzehn oder siebenzehn Jahre bringen, aber nur dadurch, daß man die Königstochter im fünfzehnten oder sechzehnten Jahre außerehelich Mutter werden läßt. „Und, sagt Anonymus, wer fühlt nicht das Unanständige und das mehr Verwegene als nur Gewagte einer solchen unerwiesenen Behauptung oder Vermuthung gegen eine so junge noch unverehlichte Prinzessin?“ Diese Sache scheint also abgethan, aber die naiven Worte auf Margarethens Becher in der Ambraser Sammlung: Langer Liebesmangel ist meines Herzens Angel – diese Worte scheinen doch keine leere Prahlerei zu seyn, und mit Petermann von Schänna scheint’s auch seine Richtigkeit zu haben, und mit vielen andern edlen Herren und Rittern auch, und wie man behauptet, soll sie die Passeyrer zu „ihren nächsten Kämmerern“ ernannt und ihnen manche schöne Freiheit gegeben haben, nicht allein als Belohnung für ihre Treue, sondern auch für ihre Liebe. Uebrigens hat die Prinzessin in ihrer Jugend auch nicht die besten Beispiele um sich gesehen, denn ihr Herr Vater, der König Heinrich, war selbst kein Tugendspiegel.

Schloß Zenoburg ist den Freunden der tirolischen Literatur auch dadurch bedeutsam geworden, daß Dr. Johann Schuler es zum Schauplatz einer Novelle gewählt, die den Titel: Liebeswahnsinn führt, eine wahre Begebenheit zur Grundlage haben soll und unter den wenigen tirolischen Novellen für die beste erachtet wird. Sie findet sich in den Alpenblumen aus Tirol, einem Taschenbuch für das Jahr 1828. Allen denen, die vorigen Herbst in Meran waren, wird die Ruine aber in süßer Erinnerung bleiben wegen des Winzerfestes, das die Bürger der Stadt, hingerissen von dankbaren Gefühlen gegen ihre fremden Gäste, diesen dort bereiteten. Die Idee war zu Meran so neu, daß sie nothwendig Anstoß finden mußte. Ein fürsichtiges Wesen aus der guten alten Zeit – jeder Zoll ein

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_312.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)