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Das Klima von Badia und von Enneberg insgesammt ist kalt, der Winter lang, Sommerreif und frühzeitiger Herbstfrost

  Gebietes in beiden Sprachen fast durchgängig verschiedene Namen haben. Wir geben hievon nachstehendes Verzeichnis:

La villa heißt auf deutsch Stern; Badia, St. Leonhard oder Abtei; la val, Wengen; Lung à rü (längs dem Bach) führt bei den Pusterern einen ältern romanischen Namen, nämlich Campill. St. Vigil, wo der Sitz des Landgerichts, heißt al plang, auf der Ebene, St. Maria, was eigentlich das Dorf ist, dem die Deutschen vorzugsweise den Namen Enneberg beilegen, das aber auch „in der Pfarre“ genannt wird, heißt in der Thalsprache la pli, so viel als la pieve, plebs, die Gemeinde. Diese beiden Dörfer, St. Maria und St. Vigil, liegen in einem Seitenthale, das die Deutschen Rauthal, die Enneberger aber Val de Marò nennen. Dieser Name gilt übrigens auch für das ganze Thal, mit Ausnahme des innern Gebietes, der Abtei, und entspricht so wenigstens zum Theil dem deutschen Namen Enneberg, der wohl wie jener der enetbergischen Vogteien in der Schweiz von enet, enthalb, jenseits der Berge herrührt. Die von Marò abgeleiteten Ethnika lauten: Un Marou, ein Enneberger, una Maroura eine Ennebergerin. Außerdem nennen sich die Thalbewohner auch Ladins. Indessen haben die bescheidenen Enneberger bei ihren deutschen Landsleuten keinen der Namen durchsetzen können, auf welche sie von Rechtswegen Anspruch hätten, weder den einheimischen Marou, noch den deutschen; denn auch dieser, Enneberg, Enneberger, lebt mehr in Schriften und im Verkehr der Gebildeten, als bei den Landleuten. Diese heißen sie vielmehr die Krautwälschen und ihr Land die Krautwalsch, während doch die Einwohner von Gardena überall als Grödner bekannt sind. Die Krautwalsch gilt übrigens schon den Bauern am Eisack als ein ziemlich fern gelegenes, wenigen bekanntes Hochland, in welches sich ohne Noth niemand einläßt. In ältern lateinischen Urkunden heißt das Thal Marubium, bei den Italienern jetzo Marebbe. – Da wo der Raubach in die Gader fällt, liegt das oben erwähnte Zwischenwasser, ein Name, der nicht ganz genau dem ladinischen Lunghiega „längs dem Wasser“ nachgebildet ist. Auf der Höhe ober Zwischenwasser liegt Plaiken, welches die Thalbewohner Plüscha nennen. Jenseits des Gaderbaches, gleichfalls auf hohem Bergrücken, ist Wälschellen zerstreut, so genannt zum Unterschiede von Deutschellen, welches auf einer Hochebene links vom Ausgange des Thales zu finden ist. Dieses Wälschellen kommt in Urkunden des eilften

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 458. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_466.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)