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Jeden eine Augenweide und ist eine der schönsten Ferneransichten, die von einer Heerstraße aus offen stehen.

Wir sind nun mittlerweilen ins Wippthal gelangt. Diesen Namen trägt ein Landstrich, der sich von Innsbruck an der Sill aufwärts bis zum Brenner und von da am Eisack abwärts bis zum Brixener Klaesel erstreckt. Was sich nördlich vom Brenner gegen Deutschland senkt, heißt das untere, was sich südlich gegen Italien zieht, das obere Wippthal. Der Name kommt von dem alten Vipitenum, das ungefähr auf der Stelle des heutigen Sterzings lag. Im neunten Jahrhundert kommt ein Quartinus, nationis Noricorum et Pregnariorum vor, der in valle Wibitina lebte. Seit dieser Zeit ist der Name nicht mehr verschollen. Er hat, wie der des Pusterthales das Eigene, daß er über die Wasserscheide hinübergeht und zwei Flußgebiete in sich begreift, nämlich das der Sill und den obern Lauf des Eisacks, während sonst im Allgemeinen die Thalnamen nicht weiter reichen, als ihr Bach. Das Wippthal zwischen Schönberg und Matrei ist nicht sehr dicht bevölkert. Zur Linken jenseits des tiefen Schlundes, in dem die Sill sich fortwälzt, steigen schöne Halden auf. Mitten durch diese zieht für den Nichtkenner kaum bemerkbar die Ellenbögenstraße, ein wohlunterhaltener, und von den Salzfuhren fleißig benützter Verbindungsweg zwischen Matrei und Hall. Diese Straße hat ihren Namen davon, daß sie wie die neue Schönbergstraße an der steilen Absenkung des Gebirges hinzieht, so wie jene, alle vorspringenden Erker und alle eingehenden Tobel, mit Einem Worte die Ellenbögen abläuft. Die jenseitige Halde ist reich geschmückt mit Kornfeldern, Wiesen, Baumreihen, Schluchten, Häusergruppen, zu oberst mit Wald, zu unterst mit der Sill. In der Ferne über den Matreier Wald hin sieht man das Schloß von Matrei aufragen.

Matrei ist die alte Römerstation Matreium, jetzt eine lange Gasse voll Wirthshäuser, alles von ziemlich neuem und reinlichem Ansehen, da der Markt seit Jahrhunderten immer und immer durch Feuersbrünste gelitten hat. Die Stelle des alten Matreium glaubt man jenseits der Sill zu finden,

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 498. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_506.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)