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Resele’s Mann, die Dirne liefen geschäftig durch einander, Maidele und des Müllers Töchterlein standen am Herde. Die Bauern gingen ans Mittagessen und erlabten sich an großen Stücken Schweinfleisch und „Gsträunens“ mit weidlichem, von langen Tagen her geschärftem Appetite, denn die Duxer Küche erhebt sich nur fünfmal des Jahres zu dieser Leckerei, an der Kirchweih, an Ostern und an den drei Weihnachtstagen. Heute war sie aber im Ueberflusse vorhanden, doch fanden auch die mit Topfen gefüllten Kirchweihkrapfen günstige Aufnahme. In der Sage lebt es noch fort, daß man ehemals auf der Duxer Kirchweih stets sechs Kreuzer zahlte und dafür auf Mittag so viel essen konnte, als man vertragen mochte. Jetzt richtet sich die Zeche freilich, wie in der äußern Welt, nach der Verzehrung, aber auch so noch liebt es Jörgel, seine Gäste sehr billig zu halten.

In der vordern Stube saß indessen ein ausgezeichneter Lump, ehemaliger Jäger, Schreiber und Anderes, der schon in verschiedenen Anstalten seiner Besserung hatte obliegen müssen, eine erbärmliche, schäbige Gestalt. Jörgel hatte ihn schon gestern nur unter der Bedingung aufgenommen, daß er sich heute wieder fortbegebe. Heute aber legte er recht deutlich die Absicht dar, uns den ganzen schönen Tag auch noch zu widmen. Jörgel führte ihn anfangs etwa alle halbe Stunden einmal aus dem Hause, doch wußte er zuletzt auch seinen Eifer abzustumpfen und um Mittag saß er bereits ganz unbehelligt bei seinem Branntwein, hatte auch schon einen Rausch, den er sich kreuzerweise zusammengebettelt. So bescheiden ich auftrat, so hatte er mich doch bald erfragt und plötzlich stand er auf und rief: Vivat der König von Bayern! der hat mich angestellt! Es war Vater Max gemeint, der dem Burschen, eh’ er ein Lump geworden, einmal ein kleines Jägerdienstchen verliehen. Und eh’ ich mich’s versah, fuhr der schieche Mensch wieder in die Höhe, schwang das Glas zum zweitenmale und schrie: die Bayern sollen leben – worauf er dann noch Mehreres zum Lobe dieser Nation hinzufügte, was, wenn es von mehreren unbetrunkenen und sonst biedern Männer wiederholt würde, derselben allerdings sehr zu Ehren kommen

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 526. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_534.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)