Seite:De Drei Sommer in Tirol (Steub) 586.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Zillers und der Salzach bildet, und hat dasselbe seinen Namen von einem Bache, der aus dem Wildgerlosthale hervorströmt, an dem Dorfe, das nach ihm benannt worden, vorüber läuft, und unter Zell in den Ziller fällt. Auch der siebenthalbtausend Fuß hohe Bergkamm, der über Zell in die Höhe steigt, heißt die Gerloswand. Sie ist berühmt wegen der Mannichfaltigkeit ihres Kräutersegens und daher viel besucht von den Freunden gebirgischer Flora.

So stiegen wir also den Heinzenberg hinan, in dessen Fersen die Goldschachte getrieben sind. Oben, wo die Wallfahrtscapelle steht, genossen wir einer lieblichen Aussicht ins Zillerthal hinunter, die noch eine Zeitlang mit uns ging. Darnach führt ein Bergsteig am Wildbache fort, an vielen einzelnen Häusern und Ställen vorbei, zuweilen in offener Gegend, mehrentheils in enger Schlucht, hinein in die Gerlos, zu dem kleinen Dorfe dieses Namens das wir etwa in der vierten Stunde erreichten. Es liegt in einer zierlichen Hochebene, wo die Wässer ruhig durch die herrlich grünen Wiesen fließen. Von der Gerlos gings durch waldige Wege in den Durlaßboden, gegen die Platte, über welche man in die Krimmel geht. Hier nicht weit von der Höhe steht auf einsamem Grunde eine Sennhütte, aus welcher uns ein fünfter Reisegefährte erwuchs, abermals ein Studiosus, der unter den vorbeischlendernden Wanderern einen Jugendfreund erkannt hatte und nun gleich mit uns ging. So setzten wir zu fünfen unsre Reise fort. Rechter Hand hatten wir jetzt die Einsicht in das öde Wildgerlosthal, aus dessen Schneefeldern die stolze Reichenspitze emporsteigt, in drei Gipfel gespalten. Diese und der Olperer Fußstein zwischen Innerschmirn und dem Zamsthal sind nach des Bergpracticanten M. V. Lipold Angabe die beiden höchsten Spitzen in der östlichen Fernerkette. Staffler legt der erstern 9340 Fuß bei; nach Lipold aber müßte sie gegen 11,000 hoch seyn.

Die Aussicht von der Platte ins Pinzgau hinunter wird viel gepriesen, wir hatten aber wenig Genuß davon, da auf den schönen Morgen ein düstrer Abend gefolgt war und der Himmel sich mit schweren Wolken überzogen hatte. Diese lagen

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 578. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_586.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)