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in der heiligen Stille der Christnacht. Auch gedieh es zur großen Freude des Volkes, als die alten Abteien und Stifter, die geliebten Klöster wieder sich bevölkerten und die früheren Würden neu erhielten. Wenn es Bayern in diesem Fache besser verstanden hätte, so wäre es, wie man sagt, selbst dem theuern Oesterreich in seinem Feuereifer für die Freiheit der Völker kaum möglich gewesen, ein Anno Neun zusammen zu bringen.

Weniger Lust, den früheren Zustand wieder herbeizuführen, bezeigte man in Militärsachen. Ehemals hatte der Tiroler in Kriegszeiten keine andere Pflicht, denn als Landwehrmann auf den Sammelplätzen zu erscheinen, wenn die „Kreidenfeuer“ auf den Höhen aufloderten und die Sturmglocken erschollen. Dann diente er nur gegen den eingedrungenen Feind in seinen Bergen; von allem andern Waffendienste war er frei. Dieß war so regulirt und bestimmt worden durch das Landlibell Kaiser Maxens von 1511, und die Einrichtung hatte sich trefflich bewährt, sowohl im Jahre 1703, als auch in den Kriegen der neunziger Jahre.

Kaiser Joseph gedachte die Conscription einzuführen, allein diese Neuerung war so verhaßt, daß er 1789 den Befehl selbst wieder suspendirte. Sein Nachfolger ging von der Maßregel gänzlich ab und es verblieb nur ein Regiment, welches durch freie Werbung erhalten wurde.

Bayern kam auf die Conscription zurück, fand aber dabei große Widerspenstigkeit; ja dieser Zwang zum Kriegsdienst war auch mit eine Hauptbeschwerde der Aufständischen. Kaiser Franz konnte es gleichwohl unbehelligt wagen, die Aushebung fortdauern zu lassen. Es wurde im Jahre 1815 ein Jäger-Regiment zu fünfthalbtausend Mann errichtet, das lediglich aus eingebornen Landeskindern von Tirol und Vorarlberg gebildet und in Friedenszeiten nur im Lande vertheilt seyn sollte. Der Kaiser übernahm selbst die Inhaberschaft, und man heißt das Regiment daher die Kaiserjäger. Als besondere Vergünstigung war es anzusehen, daß der Kaiserjäger nur acht Jahre dient, während das Linienmilitär bis vor kurzer Zeit einen Dienst von vierzehn Jahren zu überstehen hatte. Durch häufigen Urlaub läßt sich auch jene Begnadigung

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 610. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_618.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)