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auch von einem verlängerten Kopfe begleitet sind. Einige Beispiele erscheinen ganz wunderlicher Art; so, dass Katzen mit blauen Augen allezeit taub sind. Farbe und Eigenthümlichkeiten der Konstitution sind mit einander in Verbindung, wovon sich viele merkwürdige Falle bei Pflanzen und Thieren anführen lassen. Aus den von Heusinger gesammelten Thatsachen geht hervor, dass weisse Schaafe und Schweine von gewissen Pflanzen-Giften ganz anders als die dunkel-farbigen berührt werden. Unbehaarte Hunde haben unvollkommene Zähne; lang- und grob-haarige Thiere sollen geneigter seyn, lange und viele Hörner zu bekommen: Tauben mit Federfussen haben eine Haut zwischen ihren äußeren Zehen; kurzschnabelige Tauben haben kleine Füsse, und die mit langen Schnäbeln auch lange Füsse. Wenn man daher durch Auswahl geeigneter Individuen von Pflanzen und Thieren für die Nachzucht irgend eine Eigenthümlichkeit derselben zu steigeren gedenkt, so wird man gewiss meistens, ohne es zu wollen, diesen geheimnissvollen Wechselbeziehungen der Entwickelung gemäss noch andre Theile der Struktur mit abändern. Das Ergebniss der mancherlei entweder ganz unbekannten oder nur dunkel sichtbaren Gesetzen der Variation ist ausserordentlich zusammengesetzt und vielfältig. Es ist wohl der Mühe werth die verschiedenen Abhandlungen über unsre alten Kultur-Pflanzen, wie Hyazinthen, Kartoffeln, Dahlien u. s. w. sorgfältig zu studiren und von der endlosen Menge von Verschiedenheiten in Bau und Lebensäusserung Kenntniss zu nehmen, durch welche alle diese Varietäten und Subvarietäten von einander abweichen. Ihre ganze Organisation scheint bildsam geworden zu seyn. um bald in dieser und bald in jener Richtung sich etwas von dem älterlichen Typus zu entfernen.

     Nicht-erbliche Abänderungen sind für uns ohne Bedeutung. Aber schon die Zahl und Manchfaltigkeit der erblichen Abweichungen in dem Bau des Körpers, sey es von geringerer oder von beträchtlicher physiologischer Wichtigkeit, ist endlos. Dr. Prosper Lucas' Abhandlung in zwei starken Bänden ist das Beste und Vollständigste, was man darüber hat. Kein Viehzüchter ist darüber in Zweifel, dass die Neigung zur Vererbung sehr gross ist: Gleiches erzeugt Gleiches ist sein Grund-Glaube, und nur

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_018.jpg&oldid=- (Version vom 19.5.2019)