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theoretische Schriftsteller haben dagegen Zweifel erhoben. Wenn irgend eine Abweichung öfters zum Vorschein kommt und wir sie in Vater und Kind sehen, so können wir nicht sagen, ob sie nicht etwa von einerlei Grundursache herrühre, die auf beide gewirkt habe. Wenn aber unter Einzelwesen einer Art, welche offenbar denselben Bedingungen ausgesetzt sind, irgend eine seltene Abänderung in Folge eines ausserordentlichen Zusammentreffens von Umständen an einem Vater zum Vorschein kommt — an einem unter mehren Millionen — und dann am Kinde wieder erscheint, so nöthigt uns schon die Wahrscheinlichkeit diese Wiederkehr aus der Erblichkeit zu erklären. Jedermann hat schon von Fällen gehört, wo so seltene Erscheinungen, wie Albinismus, Stachelhaut, ganz behaarter Körper u. dgl. bei mehren Gliedern einer und der nämlichen Familie vorgekommen sind. Wenn aber so seltene und fremdartige Abweichungen der Körper-Bildung sich wirklich vererben, so werden minder fremdartige und ungewöhnliche Abänderungen um so mehr als erbliche zugestanden werden müssen. Ja vielleicht wäre die richtigste Art die Sache anzusehen die, dass man jedweden Charakter als erblich und die Nichterblichkeit als Ausnahme betrachtete.

     Die Gesetze, welche die Erblichkeit regeln, sind gänzlich unbekannt, und niemand vermag zu sagen, wie es komme, dass dieselbe Eigenthümlichkeit in verschiedenen Individuen einer Art und in Einzelwesen verschiedener [?]-Arten zuweilen erblich ist und zuweilen es nicht ist; wie es komme, dass das Kind zuweilen zu gewissen Charakteren des Grossvaters oder der Grossmutter oder noch früherer Vorfahren zurückkehre; wie es komme, dass eine Eigenthümlichkeit sich oft von einem Geschlechte auf beide Geschlechter übertrage, oder sich auf eines und zwar dasselbe Geschlecht beschränke. Es ist eine Thatsache von nur geringer Wichtigkeit für uns, dass eigenthümliche Merkmale, welche an den Männchen unsrer Hausthiere zum Vorschein kommen, ausschliesslich oder doch vorzugsweise wieder nur auf männliche Nachkommen übergehen. Eine wichtigere und wie ich glaube verlässige Erscheinung ist die, dass, in welcher Periode des Lebens sich die abweichende Bildung zeigen möge, sie auch in

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_019.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)