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sogar zu den Charakteren seiner Vorfahren zurückkehren könne. Wenn in einer Rasse nur einmal eine Kreutzung mit einer andern stattgefunden hat. so wird die Neigung zu einem Charakter dieser letzten zurückzukehren natürlich um so kleiner und kleiner werden, je weniger Blut von derselben noch in jeder späteren Generation übrig ist. Hat aber eine Kreutzung mit fremder Rasse nicht stattgefunden und ist gleichwohl in beiden Ältern die Neigung der Rückkehr zu einem Charakter vorhanden, der schon seit mehren Generationen verloren gegangen, so ist trotz Allem, was man Gegentheiliges sehen mag, die Annahme geboten, dass sich diese Neigung in ungeschwächtem Grade während einer unbestimmten Reihe von Generationen fortpflanzen könne. Diese zwei verschiedenen Fälle werden in Abhandlungen über Erblichkeit oft miteinander verwechselt.

     Endlich sind die Bastarde oder Blendlinge, welche durch die Kreutzung der verschiedenen Tauben-Rassen erzielt werden, alle vollkommen fruchtbar. Ich kann Diess mittelst meiner eigenen Versuche bestätigen, die ich absichtlich zwischen den aller-verschiedensten Rassen angestellt habe. Dagegen wird aber schwer und vielleicht unmöglich seyn, einen Fall anzuführen, wo ein Bastard an zwei bestimmt verschiedenen Arten schon selber vollkommen fruchtbar gewesen wäre. Einige Schriftsteller nehmen an, ein lang-dauernder Zustand der Zähmung beseitige allmählich diese Neigung zur Unfruchtbarkeit, und aus der Geschichte des Hundes zu schliessen scheint mir diese Hypothese einige Wahrscheinlichkeit zu haben, wenn sie auf einander sehr nahe verwandte Arten angewendet wird, obwohl sie noch durch keinen einzigen Versuch bestätigt worden ist. Aber eine Ausdehnung der Hypothese bis zu der Behauptung, dass Arten, die ursprünglich von einander eben so verschieden gewesen, wie es Botentaube, Purzler, Kröpfer und Pfauenschwanz jetzt sind, eine bei Inzucht vollkommen fruchtbare Nachkommenschaft liefern, scheint mir äusserst voreilig zu seyn.

     Diese verschiedenen Gründe und zwar: die Unwahrscheinlichkeit, dass der Mensch schon in früher Zeit sieben bis acht wilde Tauben-Arten zur Fortpflanzung in der Gefangenschaft vermocht

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_032.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)