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     Was Englische Züchter bis jetzt schon geleistet haben, geht aus den ungeheuren Preisen hervor, die man für Thiere bezahlt, die einen guten Stammbaum aufzuweisen haben, und diese hat man jetzt nach fast allen Weltgegenden ausgeführt. Diese Veredelung rührt im Allgemeinen keineswegs davon her, dass man verschiedene Rassen miteinander gekreutzt. All’ die besten Züchter sprechen sich streng gegen dieses Verfahren aus, es seye denn etwa zwischen einander nahe verwandten Unterrassen, Und hat eine solche Kreutzung stattgefunden, so ist die sorgfältigste Auswahl weit nothwendiger, als selbst in gewöhnlichen Fällen. Handelte es sich bei der Wahl nur darum, irgend welche sehr auffallende Abänderungen auszusondern und zur Nachzucht zu verwenden, so wäre das Prinzip so handgreiflich, dass es sich kaum der Mühe lohnte, davon zu sprechen. Aber seine Wichtigkeit besieht in dem grossen Erfolg von Generation zu Generation fortgesetzter Häufung von dem ungeübten Auge ganz unkenntlichen Abänderungen in einer Richtung hin: Abänderungen, die ich, einfach genommen, vergebens wahrzunehmen gestrebt habe. Nicht ein Mensch unter Tausend hat ein hinreichend scharfes Auge und Urtheil, um ein ausgezeichneter Züchter zu werden. Ist er mit diesen Eigenschaften versehen, studirt seinen Gegenstand Jahre lang und widmet ihm seine ganze Lebenszeit mit ungeschwächter Beharrlichkeit, so wird er Erfolg haben und grosse Verbesserungen bewirken. Ermangelt er aber jener Eigenschaften, so wird er sicher nichts ausrichten. Es haben wohl nur Wenige davon eine Vorstellung, was für ein Grad von natürlicher Befähigung und wie viele Jahre Übung dazu gehören, um nur ein geschickter Tauben-Züchter zu werden.

     Die nämlichen Grundsätze werden beim Garten-Bau befolgt, aber die Abänderungen erfolgen oft plötzlicher. Doch glaubt niemand, dass unsere edelsten Garten-Erzeugnisse durch eine einfache Abänderung unmittelbar aus der wilden Urform entstanden seyen. In einigen Fallen können wir beweisen, dass Diess nicht geschehen ist, indem genaue Protokolle darüber geführt worden sind; um aber ein sehr treffendes Beispiel anzuführen, können wir uns auf die stetig zunehmende Grösse der Stachelbeeren beziehen

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_038.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)