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die Sämlinge am meisten, wenn sie auf einem schon mit andern Pflanzen dicht bestockten Boden wachsen. Auch die Sämlinge werden noch in grosser Menge durch verschiedene Feinde vernichtet. So beobachtete ich auf einer locker umgegrabenen Boden-Fläche von 3' Länge und 2' Breite 357 Sämlinge unsrer verschiedenen Holz-Arten, wovon nicht weniger als 295 hauptsächlich durch Schnecken und Insekten zerstört wurden. Wenn man einen Rasen, der lang abgemähet wurde (und der Fall wird der nämliche bleiben, wenn er durch Säugthiere kurz abgeweidet worden), wachsen lässt, so werden die kräftigeren Pflanzen allmählich die minder kräftigen wenn auch voll ausgewachsenen tödten; und in einem solchen Falle hat man von zwanzig auf einem nur 3' auf 4' grossen Fleck beisammen wachsenden Arten neun zwischen den anderen nun üppiger aufwachsenden zu Grunde gehen sehen.

     Die für eine jede Art vorhandene Nahrungs-Menge bestimmt die äusserste Grenze, bis zu welcher sie sich vermehren kann; aber in vielen Fällen wird die Vermehrung einer Thier-Art schon weit unter dieser Grenze dadurch gehemmt, dass sie selbst wieder einer andern zur Beute wird. Es scheint daher wenig Zweifel unterworfen zu seyn, dass der Bestand an Feld- und Hasel-Hühnern, Hasen u. s. w. grossentheils hauptsächlich von der Zerstörung der kleinen Raubthiere abhängig ist. Wenn in England in den nächsten zwanzig Jahren kein Stück Wildpret geschossen, aber auch keine solche Raubthiere zerstört würden, so würde nach aller Wahrscheinlichkeit der Wild-Stand nachher geringer seyn als jetzt, obwohl jetzt Hunderte und Tausende von Stücken Wildes erlegt werden. Anderseits gibt es aber auch einige Fälle wo, wie bei Elephant und Nashorn, eine Zerstörung durch Raubthiere gar nicht stattfindet, und selbst der Indische Tiger wagt es nur sehr selten einen jungen von seiner Mutter geschützten Elephanten anzugreifen.

     Das Klima hat ferner einen wesentlichen Antheil an Bestimmung der durchschnittlichen Individuen-Zahl einer Art, und ich glaube dass ein periodischer Eintritt von äusserst kalter oder trockener Jahreszeit zu den wirksamsten aller Hemmnisse gehört.

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_073.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)