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wodurch er in den Stand gesetzt wird, mit anderen Wasser-Insekten in Mitbewerbung zu treten, indem er nach seiner eignen Beute jagt, und anderen Thieren zu entgehen, welche ihn zu ihrer Ernährung verfolgen.

     Der Vorrath von Nahrungs-Stoff, welcher in den Saamen vieler Pflanzen niedergelegt ist, scheint anfänglich keine Art von Beziehung zu anderen Pflanzen zu haben. Aber aus dem lebhaften Wachsthum der jungen Pflanzen, welche aus solchen Saamen (wie Erbsen, Bohnen u. s. w.) hervorgehen, wenn sie mitten in hohes Gras ausgestreut worden, vermuthe ich, dass jener Nahrungs-Vorrath hauptsächlich dazu bestimmt ist, das Wachsthum des jungen Sämlings zu beschleunigen, welcher mit andern Pflanzen von kräftigem Gedeihen rund um ihn her zu kämpfen hat.

     Warum verdoppelt oder vervierfacht eine Pflanze in der Mitte ihres Verbreitungs-Bezirkes nicht ihre Zahl? Wir wissen, dass sie recht gut etwas mehr oder weniger Hitze und Kälte, Trockne und Feuchtigkeit aushalten kann; denn anderwärts verbreitet sie sich in etwas wärmere oder kältere, feuchtre oder trockenere Bezirke. Wir sehen wohl ein, dass, wenn wir in Gedanken wünschten, der Pflanze das Vermögen noch weiterer Zunahme zu verleihen, wir ihr irgend einen Vortheil über die andern mit ihr werbenden Pflanzen oder über die sich von ihr nährenden Thiere gewähren müssten. An den Grenzen ihrer geographischen Verbreitung würde eine Veränderung ihrer Konstitution in Bezug auf das Klima offenbar von wesentlichem Vortheil für unsre Pflanze seyn. Wir haben jedoch Grund zu glauben, dass nur wenige Pflanzen- oder Thier-Arten sich so weit verbreiten, dass sie durch die Strenge des Klima’s allein zerstört werden. Nur wo wir die äussersten Grenzen des Lebens überhaupt erreichen, in den arktischen Regionen oder am Rande der dürresten Wüste, da hört auch die Mitbewerbung auf. Mag das Land noch so kalt oder trocken seyn, immer werden sich noch einige Arten oder noch die Individuen derselben Art um das wärmste oder feuchteste Fleckchen streiten.

     Daher sehen wir auch, dass, wenn eine Pflanzen- oder eine Thier-Art in eine neue Gegend zwischen neue Mitbewohner

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_083.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)