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und diese paaren sich alle. Ich habe noch kein Beispiel kennen gelernt, wo ein Landthier sich selbst befruchtete. Man kann diese merkwürdige Thatsache, welche einen so schroffen Gegensatz zu den Landpflanzen bildet, nach der Ansicht, dass eine Kreutzung von Zeit zu Zeit nöthig seye, erklären, indem man das Medium, worin die Landthiere leben, und die Beschaffenheit des befruchtenden Elementes berücksichtigt; denn wir kennen keinen Weg, auf welchem, wie durch Insekten und Wind bei den Pflanzen, eine gelegentliche Kreutzung zwischen Landthieren anders bewirkt werden könnte, als durch die unmittelbare Zusammenwirkung der beiderlei Individuen. Bei den Wasserthieren dagegen gibt es viele sich selbst befruchtende Hermaphroditen; hier liefern aber die Strömungen des Wassers ein handgreifliches Mittel für gelegentliche Kreutzungen. Und, wie bei den Pflanzen, so habe ich auch bei den Thieren, sogar nach Besprechung mit einer der ersten Autoritäten, mit Professor Huxley nämlich, vergebens gesucht, auch nur eine hermaphroditische Thier-Art zu finden, deren Geschlechts-Organe so vollständig im Körper eingeschlossen wären, dass dadurch der gelegentliche Einfluss eines andern Einzelwesens physisch unmöglich gemacht würde. Die Cirripeden schienen mir zwar langezeit einen in dieser Beziehung sehr schwierigen Fall darzubieten; ich bin aber durch einen glücklichen Umstand in die Lage gesetzt gewesen, schon anderwärts zeigen zu können, dass zwei Individuen, wenn auch in der Regel sich selbst befruchtende Zwitter, sich doch zuweilen kreutzen.

     Es muss den meisten Naturforschern als eine sonderbare Ausnahme schon aufgefallen seyn, dass bei den meisten Pflanzen und Thieren solche Arten in einer Familie und oft in einer Sippe beisammen stehen, welche, obwohl im grösseren Theile ihrer übrigen Organisation unter sich nahe übereinstimmend, doch zum Theile Zwitter und zum Theile eingeschlechtig sind. Wenn aber auch alle Hermaphroditen sich von Zeit zu Zeit mit andern Einzelwesen kreutzen, so wird der Unterschied zwischen hermaphroditischen und eingeschlechtigen Arten, was ihre Geschlechts-Funktionen betrifft, ein sehr kleiner.

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_106.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)