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Thier-Bastard als vollkommen beglaubigt angesehen werden darf. Man muss jedoch nicht vergessen, dass sich nur wenige Thiere in der Gefangenschaft reichlich fortpflanzen und daher nur wenige richtige Versuche mit ihnen angestellt werden können. So hat man z. B. den Kanarienvogel mit neun andern Finken-Arten gekreutzt, da sich aber keine dieser neun Arten in der Gefangenschaft gut fortpflanzt, so haben wir kein Recht zu erwarten, dass die ersten Bastarde von ihnen und dem Kanarienvogel vollkommen fruchtbar seyn sollen. Ebenso, was die Fruchtbarkeit der vergleichungsweise fruchtbaren Bastarde in späteren Generationen betrifft, so kenne ich wohl kaum ein Beispiel, dass zwei Familien gleicher Bastarde gleichzeitig von verschiedenen Ältern erzogen worden wären, um die üblen Folgen allzustrenger Inzucht vermeiden zu können. Im Gegentheil hat man in jeder nachfolgenden Generation, die beständig wiederholten Mahnungen aller Züchter nicht beachtend, gewöhnlich Brüder und Schwestern miteinander gepaart. Und so ist es durchaus nicht überraschend, dass die vererbliche Sterilität der Bastarde mit jeder Generation zunahm. Wenn wir in der Absicht darauf hinzuwirken immer Brüder und Schwestern reiner Spezies miteinander paarten, in welchen aus irgend einer Ursache bereits eine noch so geringe Neigung zur Unfruchtbarkeit vorhanden wäre, so würde die Rasse gewiss nach wenigen Generationen aussterben.

     Obwohl ich keinen irgend wohl-beglaubigten Fall vollkommen fruchtbarer Thier-Bastarde kenne, so habe ich doch einige Ursache anzunehmen, dass die Bastarde von Cervulus vaginalis und C. Reevesi, von Phasianus Colchicus und Ph. torquatus oder auch Ph. versicolor vollkommen fruchtbar sind. Es unterliegt insbesondere keinem Zweifel, dass diese drei Fasanen-Arten, nämlich der gemeine, der ringhalsige und der Japanesische sich in den Wäldern einiger Theile von England kreutzen und Nachkommen lielfern. Die Bastarde der gemeinen und der Schwanen-Gans (Anser cygnoides), zweier so verschiedener Arten, dass man sie in zwei verschiedene Sippen zu stellen pflegt, haben hierzulande oft Nachkommen mit einer der reinen Stamm-Arten und in einem

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_262.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)