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die einer der reinen Stammarten ausserordentlich gleichen; und diese Bastarde sind dann gewöhnlich auch äusserst steril, obwohl die mit ihnen aus gleicher Frucht-Kapsel entsprungenen Mittelformen sehr fruchtbar zu seyn pflegen. Aus diesen Erscheinungen geht hervor, wie ganz unabhängig die Fruchtbarkeit der Bastarde vom Grade ihrer Ähnlichkeit mit ihren beiden Stammältern ist.

     Aus den bis daher gegebenen Regeln über die Fruchtbarkeit der ersten Kreutzungen und der dadurch erzielten Bastarde, ergibt sich, dass, wenn man Formen, die als gute und verschiedene Arten angesehen werden müssen, mit einander paart, ihre Fruchtbarkeit in allen Abstufungen von Zero an bis selbst über das unter gewöhnlichen Bedingungen stattfindende Maass vollkommener Fruchtbarkeit hinaus wechseln kann. Ferner ist ihre Fruchtbarkeit nicht nur äusserst empfindlich für günstige und ungünstige Bedingungen, sondern auch an und für sich veränderlich. Die Fruchtbarkeit verhält sich nicht immer an Stärke gleich bei der ersten Kreutzung und bei den daraus erzielten Bastarden. Die Fruchtbarkeit dieser letzten steht in keinem Verhältniss zu deren äusserer Ähnlichkeit mit ihren beiden Ältern. Die Leichtigkeit einer ersten Kreutzung zwischen zwei Arten ist nicht von deren systematischer Affinität noch von ihrer Ähnlichkeit mit einander abhängig. Dieses letzte Ergebniss ist hauptsächlich aus den Wechselkreutzungen zweier nämlichen Arten erweisbar, wo die Paarung gewöhnlich etwas, mitunter aber auch viel leichter oder schwerer erfolgt, je nachdem man den Vater von der einen oder von der andern der zwei gekreutzten Arten nimmt. Endlich sind die zweierlei durch Wechselkreutzung erzielten Bastarde oft in ihrer Fruchtbarkeit verschieden.

     Nun fragt es sich, ob aus diesen eigenthümlich verwickelten Regeln hervorgehe, dass die vergleichungsweise Unfruchtbarkeit der Arten bei deren Kreutzung den Zweck habe, ihre Vermischung im Natur-Zustande zu verhüten? Ich glaube nicht. Denn warum wäre in diesem Falle der Grad der Unfruchtbarkeit so ausserordentlich verschieden, da wir doch annehmen müssen

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_269.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)