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jetzige Lebenwelt in den Vereinten Staaten mit derjenigen Bevölkerung näher verwandt seye, welche während einiger der letzten Stadien der Tertiär-Zeit in Europa existirt hat, als mit der noch jetzt da wohnenden; und wenn Diess so ist, so würde man offenbar die Fossilien-führenden Schichten, welche jetzt an den Nord-Amerikanischen Küsten abgelagert werden, in einer späteren Zeit eher mit etwas älteren Europäischen Schichten zusammenstellen. Demungeachtet kann, wie ich glaube, kaum ein Zweifel seyn, dass man in einer sehr fernen Zukunft doch alle neueren meerischen Bildungen, namentlich die obern pliocänen, die pleistocänen und die jetzt-zeitigen Schichten Europas, Nord- und Süd-Amerikas und Australiens, weil sie Reste in gewissem Grade mit einander verwandter Organismen und nicht auch diejenigen Arten, welche allein den tiefer-liegenden älteren Ablagerungen angehören, in sich einschliessen, ganz richtig als gleich-alt in geologischem Sinne bezeichnen würde.

     Die Thatsache, dass die Lebenformen gleichzeitig miteinander, in dem obigen weiten Sinne des Wortes, selbst in entfernten Theilen der Welt wechseln, hat die vortrefflichen Beobachter de Verneuil und d'Archiac sehr betroffen gemacht. Nachdem sie über den Parallelismus der paläolilhischen Lebenformen in verschiedenen Theilen von Europa berichtet, sagen sie weiter: »Wenden wir unsre Aufmerksamkeit nun nach Nord-Amerika, so entdecken wir dort eine Reihe analoger Thatsachen, und scheint es gewiss zu seyn, dass alle diese Abänderungen der Arten, ihr Erlöschen und das Auftreten neuer nicht blossen Veränderungen in den Meeres-Strömungen oder andern mehr und weniger örtlichen und vorübergehenden Ursachen zugeschrieben werden können, sondern von allgemeinen Gesetzen abhängen, welche das ganze Thier-Reich betreffen.« Auch Barrande hat ähnliche Wahrnehmungen gemacht und nachdrücklich hervorgehoben. Es ist in der That ganz ohne Nutzen, die Ursache dieser grossen Veränderungen in den Lebenformen der ganzen Erd-Oberfläche und in den verschiedensten Klimaten im Wechsel der See-Strömungen, des Klimas oder andrer natürlicher Lebens-Bedingungen aufsuchen zu wollen; wir müssen uns, wie schon

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_330.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)