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     Ich habe nun noch einige Worte von den sogenannten »zufälligen« Verbreitungs-Mitteln zu sprechen, die man besser »gelegenheitliche« nennen würde. Doch will ich mich hier auf die Pflanzen beschränken. In botanischen Werken findet man bemerkt, dass diese oder jene Pflanze für weite Aussaat nicht gut geeignet ist. Aber was den Transport derselben durch das Meer betrifft, so lässt sich behaupten, dass es bei den meisten derselben noch ganz unbekannt ist, wie es mit der Möglichkeit desselben steht. Bis zur Zeit, wo ich mit Hrn. Berkeley’s Hilfe einige wenige Versuche darüber angestellt, war nicht einmal bekannt, in wie weit Saamen dem schädlichen Einflüsse des Salz-Wassers zu widerstehen vermögen. Zu meiner Verwunderung fand ich, dass von 87 Arten 64 noch keimten, nachdem sie 28 Tage lang in See-Wasser gelegen; und einige wenige thaten es sogar nach 137 Tagen noch. Es ist beachtenswerth, dass gewisse Ordnungen viel stärker als andre vom Salz-Wasser angegriffen werden. So gingen von neun Leguminosen acht zu Grunde, und sieben Arten der unter einander verwandten Ordnungen der Hydrophyllaceae und Polemoniaceae waren nach einem Monate todt. Der Bequemlichkeit wegen wählte ich meistens nur kleine Saamen ohne Fruchthülle, und da alle schon nach wenigen Tagen untersanken, so können sie natürlich keine weiten Räume des Meeres durchschiffen, mögen sie nun ihre Keim-Kraft im Salzwasser bewahren oder nicht. Nachher wählte ich grössre Früchte mit Kapseln u. s. w., und von diesen blieben einige lange Zeit schwimmend. Es ist wohl bekannt, wie verschieden die Schwimm-Fähigkeit einer Holzart im grünen und im trocknen Zustande ist. Ich dachte mir daher, dass Fluthen wohl Pflanzen oder deren Zweige forttragen und dann ans Ufer werfen könnten, wo der Strom, wenn sie erst ausgetrocknet wären, sie aufs Neue ergreifen und dem Meere zuführen könnte; daher nahm ich von 94 Pflanzen-Arten trockne Stengel und Zweige mit reifen Früchten daran und legte sie ins Wasser. Die Mehrzahl versank sogleich; doch einige, welche grün nur sehr kurze Zeit an der Oberfläche geblieben, hielten sich nun länger. So sanken reife Haselnüsse unmittelbar unter, schwammen aber, wenn sie vorher ausgetrocknet worden, 90

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_365.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)