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Ort zu Ort ausgestreut werden. Ich brachte mancherlei Saamen-Arten in den Magen todter Fische und gab diese sodann Pelikanen, Störchen und Fischadlern zu fressen; diese Vögel gaben einige Stunden später die Saamen in ihren Exkrementen wieder von sich oder brachen sie in Gewöll-Ballen aus. Mehre dieser Saamen besassen alsdann noch ihre Keim-Kraft; andre dagegen verloren sie jederzeit durch diesen Prozess.

     Obwohl Schnäbel und Füsse der Vögel gewöhnlich ganz rein sind, so hängen doch oft auch Erd-Theile daran. In einem Falle trennte ich 22 Gran thoniger Erde von dem Fusse eines Feldhuhns, und in dieser Erde befand sich ein Steinchen so gross wie ein Wicken-Saamen. Daher mögen auf dieselbe Art auch Saamen zuweilen auf grosse Entfernungen fortgeführt werden, indem sich nachweisen lässt, dass der Ackerboden überall voll von Sämereien steckt. Erwägt man, wie viele Millionen Wachteln jährlich das Mittelmeer überfliegen, so wird man die Möglichkeit nicht bezweifeln, dass wohl auch einmal ein paar kleine Saamen an ihren Füssen mit herüber oder hinüber gelangen. Doch werde ich auf diesen Gegenstand noch zurückkommen.

     Bekanntlich sind Eisberge oft mit Steinen und Erde beladen; auch Buschholz, Knochen und selbst einmal ein Vogel-Nest hat man darauf gefunden; daher wohl nicht zu zweifeln ist, dass sie mitunter auch, wie Lyell bereits angenommen, Saamen von einem zum andern Theile der arktischen oder antarktischen Zone, und in der Glacial-Zeit sogar von einem Theile der jetzigen gemässigten Zonen zum andern geführt haben. Da auf den Azoren eine im Verhältniss zu den übrigen zum Theile dem Festlande näher gelegenen Inseln des Atlantischen Meeres grosse Anzahl Europäischer Pflanzen und (wie Hr. H. C. Watson bemerkt) insbesondere solcher Arten vorkommt, die einen etwas nördlicheren Charakter haben, als der Lage entspricht, so vermuthete ich, dass ein Theil derselben mit Eisbergen in der Glacial-Zeit dahin gelangt seye. Auf meine Bitte fragte Sir Ch. Lyell Hrn. Hartung, ob er erratische Blöcke auf diesen Inseln gefunden habe, und erhielt zur Antwort, dass grosse Blöcke von Granit u. a. nicht auf den Inseln anstehenden Gesteinen dort vorkommen.

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_369.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)