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an ihrem Rücken hängen, und es ist mir geschehen, dass, wenn ich einige Wasserlinsen aus einem Aquarium ins andre versetzte, ich ganz absichtlos das letzte mit Süsswasser-Mollusken des ersten bevölkerte. Doch ist ein andrer Umstand vielleicht noch wirksamer. Im Betracht, dass Wasser-Vögel mitunter in Sümpfen schlafen, hängte ich einen Enten-Fuss in einem Aquarium auf, wo viele Eier von Süsswasser-Schnecken auszukriechen im Begriffe waren, und fand, dass bald eine grosse Menge der äusserst kleinen eben ausgeschlüpften Schnecken an dem Fuss umherkrochen und sich so fest anklebten, dass sie von dem heraus-genommenen Fusse nicht abgeschabt werden konnten, obwohl sie in einem etwas mehr vorgeschrittenen Alter freiwillig davon abliessen. Diese frisch ausgeschlüpften Weichthiere, obschon zum Wohnen im Wasser bestimmt, lebten an dem Enten-Fusse in feuchter Luft wohl 12-20 Stunden lang, und während dieser Zeit kann eine Ente oder ein Reiher wenigstens 600-700 Englische (140 Deutsche) Meilen weit fliegen und sich dann wieder in einem Sumpfe oder Bache niederlassen, vielleicht auf einer ozeanischen Insel, wenn ein Sturm denselben erfasst und über’s Meer hin verschlagen hatte. Auch hat mich Sir Ch. Lyell benachrichtigt, dass man einen Wasserkäfer (Dyticus) mit einer ihm fest ansitzenden Süsswasser-Napfschnecke (Ancylus) gefangen hat; und ein andrer Wasserkäfer aus der Sippe Colymbetes kam einst an Bord des Beagle geflogen, als dieser 45 Englische Meilen vom nächsten Lande entfernt war; wie viel weiter er aber mit einem günstigen Winde noch gekommen seyn würde, Das vermag niemand zu sagen.

     Was die Pflanzen betrifft, so ist es längst bekannt, was für eine ungeheure Ausbreitung manche Süsswasser- und selbst Sumpf-Gewächse auf den Festländern und bis zu den entferntesten Inseln des Weltmeeres besitzen. Diess ist nach Alph. DeCandolle’s Wahrnehmung am deutlichsten in solchen grossen Gruppen von Landpflanzen zu ersehen, aus welchen nur einige Glieder an Süsswassern leben; denn diese letzten pflegen sofort eine viel grössre Verbreitung als die übrigen zu erlangen. Ich glaube, dass die günstigeren Verbreitungs-Mittel diese Erscheinung

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_390.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)