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der innern Neigung zur Variation hervorgehen? Allerdings gibt es auch manche ganz plötzlich auftretende Abänderungen ohne Übergänge zumal bei den schon vielfach abgeänderten Kultur-Pflanzen, wie z. B. die hängenden oder Trauer-Varietäten vieler Bäume, viele unsrer Obst-Sorten, wovon manche nicht das Erzeugniss langsamer Züchtung, sondern eines einzelnen ohne nachweisbaren Grund abändernden Saamen-Kornes sind, die sich aber eben desshalb auch in der Regel nicht beständig aus Saamen fortpflanzen.

     Auch von den Thieren wissen wir, dass Menge und Art des Futters und Beschaffenheit des Klimas auf Grösse und Farbe des Körpers, ja sogar (wie Hr. Darwin selbst vom Amerikanischen Wolf erwähnt) auf deren Gestalt und Sitten wirken können. Auch des Einflusses des Klimas auf das Gefieder der Vögel gedenkt er, doch ohne sich der Umfang-reichen Nachweisungen zu erinnern, welche Gloger in dieser Beziehung geliefert hat. Dass viele Säugthier-Arten in kalten Gegenden weiss werden und andre, welche solche nie verlassen, stets weiss bleiben, ist bekannt. Die Farbe der Schmetterlinge ändert oft mit dem Futter und die der Käfer u. a. Insekten je nach ihrem Aufenthalte in verschiedenen Gebirgs-Höhen ab. Die Grösse vieler Wasser-Konchylien steht mit dem Salz-Gehalt des Wassers in Zusammenhang; ihre Farbe mit dem Lichte, ihre glatte oder stachelige Beschaffenheit mit der schlammigen und felsigen Natur des See-Grundes; die Dichte des Pelzes mancher Säugthiere wechselt mit dem Klima und der Erhebung ihres Wohnortes über den Meeres-Spiegel, und die Instinkte einer Art ändern ausserordentlich unter neuen Lebens-Bedingungen ab. Es lässt sich nicht nur die Ursache, sondern auch der Zweck und die Nützlichkeit dieser Abänderung ermitteln, wir können in der Regel die Zwischenstufen nachweisen, die oft vom Grade und der Intensität der äussern Ursachen abhängen; wir können diese Abänderungen beliebig hervorbringen und sie durch entgegengesetzte Existenz-Bedingungen wieder in die Urform zurückführen. Aber vielleicht der wichtigste aller Belege für den Einfluss äussrer Existenz-Bedingungen ist in der Beobachtung in finden, dass Kröten an feuchten und doch des stehenden Wassers ganz entbehrenden Orten

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 511. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_511.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)