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endlich so stark, daß ihm der Lärm zum Bewußtsein kam; dazu flog es ihm auch durch den Kopf, das Klopfen gelte ihm. Ja, da war es, unter seinen Füßen, just wo er mit der Geige stand und in die blaue Nacht hinausstarrte. „Hoho, alter Maulwurf!“ rief er, aus der Träumerei erwachend, und erwiderte das Klopfen mit dem Stiefelabsatz, „bist du kein Freund von Chopin? Vielleicht gefällt dir’s besser, nach Moszkowskis Takt zu schlafen!“ Und übermüthig strich er einen spanischen Tanz herunter, wozu er sich selbst, wie angesteckt von dem Tempo, im Zimmer herumdrehte. Aber ein wüthenderes Trommeln an der Stubendecke unterbrach ihn. Ein Fenster unter dem seinigen ward heftig aufgerissen, und ein lautes tobendes Schelten ergoß sich in die sanfte Nachtstille. Die Dissonanz war zu grell. Iversen verstopfte sich die Ohren vor den „Chaiben“, die in ganzen Rudeln daherfuhren. Das Schimpfen verstanden die Kapitalisten besser als die Socialdemokraten. Es war am Ende doch etwas dran, er hätte nicht hierher ziehen sollen.

Am Morgen gab es ein weitläufiges Geklingel mit der Thürglocke, die sonst so wenig in Bewegung gesetzt ward. Als Iversen später auf den Flur hinaustrat, kam die breite Magd aus ihrer Küche hervor und meldete ihm mit mißbilligender Miene, „die Frau“ habe einen arg wüsten Brief bekommen, der Hausherr sei „schüli bös g’si“ wegen der nächtlichen Ruhestörung.

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Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/20&oldid=- (Version vom 19.8.2019)