Seite:De Flüssige Kristalle Lehmann 28.jpg

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der gleichförmigen Fortpflanzung ausgehenden Druck nicht das Gleichgewicht halten, die Stelle müßte sich also vorwölben, bis der hierdurch vergrößerte Oberflächenspannungsdruck zum Gleichgewicht zureicht. Auch dann kann aber kein vollkommenes Gleichgewicht zustande kommen, denn die an der fraglichen Stelle verminderte Oberflächenspannung vermag der größeren Oberflächenspannung des reinen Wassers nicht das Gleichgewicht zu halten; es muß notwendig eine sogenannte Ausbreitungsbewegung entstehen: die reine Wasseroberfläche zieht sich zurück, während die Seifenwasseroberfläche sich vergrößert, so daß, da (durch Reibung) die übrige Wassermasse mit bewegt wird, sowie auch das den Tropfen umgebende Medium

Fig. 34.

(etwa Chloroform oder Schwefelkohlenstoff mit Öl bis zum spezifischen Gewicht des Wassers verdünnt), in beiden eine Wirbelbewegung entsteht, wie sie die Pfeile andeuten, die sogenannte Kontaktbewegung.[1] Dieselbe wird so lange andauern, bis sich die Seife gleichmäßig auf der ganzen Tropfenoberfläche verteilt hat, womit dann natürlich die Kugelform sich wiederherstellt. Ist das angenommene umgebende Medium nicht vorhanden, denkt man sich den Tropfen im leeren Raum schwebend, so ist nichtsdestoweniger der Vorgang derselbe, nur beschränkt sich die nach der Relativitätstheorie relative Wirbelbewegung auf das Innere des Tropfens.

     Befände sich ein Wassertropfen an der Grenze zweier nicht mischbarer Flüssigkeiten (Fig. 34), so würde sich eine Ausstülpung der Oberfläche gegen diejenige (in Fig. 34 punktiert) bilden müssen, an deren Grenze die Oberflächenspannung den kleineren Wert hat, und zwar von solcher Krümmung, daß wieder der Oberflächenspannungsdruck an allen Stellen denselben Wert erhält. Gleichzeitig würde sich infolge ihrer kleineren Oberflächenspannung diese angrenzende Flüssigkeit auf dem ganzen Wassertropfen in sehr dünner Schicht ausbreiten, bis sie ihn gleichmäßig umhüllt hat, womit dann die Ausstülpung der Tropfenoberfläche verschwindet.

     Sind die beiden umgebenden Flüssigkeiten unbeschränkt miteinander mischbar, so tritt natürlich andauernde Kontaktbewegung


  1. O. Lehmann, Molekularphysik 1 (1888), 271.