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Und es lauschten entzückt die Freunde der lieblichen Worte,
Sehnend in seliger Gluth lauschte der Jünglinge Schaar.
Stilles, freundliches Bild! Du heilige Halle des Friedens!
Ferne rauschten um dich leise die Fluthen der Welt. –

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Weh, wo schwindest du hin? Schon naht ein verworrenes Brausen,

Durch die Hallen entsetzt stäuben die Hörer dahin.
Christliche Schwärmer umstürmen das Haus. O fliehe, Hypatia!
Traue dem Volke des Herrn, traue den Heiligen nicht!
Weh, schon sinkst du vom Wagen herab, und frevelnde Hände

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Reißen vom schneeigen Leib höhnend das keusche Gewand.

Nicht versöhnte die Wilden der Jungfrau rührende Schönheit,
Nicht die zarte Gestalt, bebend in Gluthen der Scham.
Hülflos sinkt sie hinab in’s Gewühl, und blutige Arme
Tasten mit wüthender Gier nach dem entheiligten Leib. –

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_034.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)