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Und doch ganz anders.
Noch grüßten wie sonst
Die grauen Thürme herüber,

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Doch ihr Haupt war grauer,

Als wären viel tausend Stürme
Seitdem an ihnen vorübergerauscht.
Ich trat in die Stadt,
In unbekannte, volkwimmelnde Straßen.

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Die geschäftigen Menschen alle,

Sie staunten mich an, –
Und ich kannte sie nicht.
Geängstigt frug ich
Nach meines Vaters Haus,

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Und nach deinem Hause,

Du Kind meiner Sehnsucht!
Sie staunten mich an,
Und verstanden mich nicht.
Mir floß eine Thräne,

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Sie umringten mich schweigend

Und lächelten mitleidig
Meines wehträumenden Wahnsinns.
Da kam eine Alte vorbei
Tief auf den Stab gebückt

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Unter dem Druck der Jahrzehnte.

Die hörte meine Frage
Mit halbem Ohr
Und nickte und lächelte seltsam.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_039.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)