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Wo wir mit Lächeln und Seufzen
In der Zukunft Tage geblickt.

130
Ach, die Mauer stand längst nicht mehr,

Eine breite Straße führte vorüber.
Doch grüßte wieder
Abendliches Leuchten
Die liebe Stelle.

135
Und ich stand – und stand.

Aus dem Garten zur Seite
Jauchzten die Stimmen
Fröhlicher Mädchen herüber, –
Deine Stimme nicht mehr!

140
Dort, wo der Nebel spinnt

Sein trübes Todtenkleid,
Dort grünt dein vergessenes Grab.
Und ich – was soll ich hier?
Ausgelöscht im Buche der Lebenden,

145
Ein uralter, verdorrter Stamm

Mitten in der blühenden Welt.
Keine Seele für mich!
Kein Trost, keine Hoffnung!
Und wieder klomm ich zurück zum Wald,

150
Zum bösen Orte des Zaubers.

Die Sonne sank hinter mir,
Und ich legte mich wieder
Unter Fliedergebüsch und wilde Rosen.
Doch drunten im Thal meiner Heimath,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_042.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)