Seite:De Gedichte (Hertz W) 091.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Der Frühling und die Minne.

Auf Wald und Haide überall
Ertönet heller Hochzeitschall,
Die Lande steh’n in grünem Schein,
Der klare Himmel blaut darein,

5
Und in den blum’gen Feiersaal,

Da führt der Lenz sein süß Gemahl,
     Die ist genannt Frau Minne.
Er pranget, wie ein Bräut’gam thut,
Im frischen, freudenkühnen Muth;

10
Sie blicket süßverschämt darein,

Möcht’ lieber ungesehen sein;
Sie liebet nicht den lauten Schall,
Doch wirkt sie leise überall
     Im Herzen und im Sinne.

15
Du Mägdelein im Lockenhaar,

Was sitzest du der Freuden bar?
Komm’ mit mir in mein Gartenhaus,
Da sieht man weit in’s Land hinaus;
Die Blumenbeete keimen jung,

20
Auch ist dir Freudensang genung

     Und würzig Weh’n darinne.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_091.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)