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Blühende Gräber.

Leis verglüht der Tag in den Pappelzweigen,
Glockentöne wiegen den Wald in Schlummer,
Durch des Friedhofs träumende Stille weht’s wie
 Ewige Sehnsucht.

5
Sehnsucht eines lange erlosch’nen Lebens,

Sehnsucht alter, lange vergess’ner Liebe,
Ausgelitt’ne Schmerzen, verblühtes Glück aus
 Früheren Tagen.

Drang des Lebens, bildender Schöpferodem,

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Deines Waltens heilige Nähe fühl’ ich,

Fühle dich im Säuseln entschlaf’ner Sehnsucht
 Ueber den Gräbern!

Nicht, Natur, Allmutter, vergiß’st du deiner
Todten Kinder: aus den erstorb’nen Herzen

15
Steigt die Liebe strahlend empor in tausend

 Blumen des Frühlings.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_115.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)