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Hält Scham die Braut befangen, daß sie nicht lächeln will?

Der Vorhang sinkt am Bette, und mälig wird es still.

Schon hat der Mond vollendet den einsam trüben Lauf,
Da kniet vom Purpurlager die Jungfrau lauschend auf:
Die Fackel knistert leise, die Luft so schwül und schwer,

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In tiefem Todesschweigen die Hallen rings umher.


„Was träumst du, König Etzel? Denkst Du des Handels nach,
Wie man mit Vaters Wunden erkauft der Tochter Schmach?
Dein Antlitz glänzt so blutig, gewiß, du denkst daran:
Weißt du auch, schlauer Mörder, was dir der Kauf gewann?“

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Sie greift nach Etzel’s Schwerte, ihr Auge blitzt und loht:

„Fluch deinem blut’gen Leben! Fluch deinem blut’gen Tod!“

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_180.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)