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„Wär’ nicht dein Haß ertödtet, du felsenhart Gebein,

Wie gern in Gift und Galle verkehrtest du mir den Wein!“
Laut jubelten die Helden, der Trank gieng in der Rund’,
Da trat auf die Schwelle die Königin Rosamund.

Ihr Auge wurde finster, ihr Antlitz wurde blaß, –

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War es der Schmerz der Tochter? War es des Vaters Haß?

„Welch’ schwarze Norne wandelt zum Freudenthor herein?
Reicht ihr die Ehrenschaale und heißt sie freundlich sein!“

Da schritt langsamen Ganges die Herrin durch den Saal:
„Unzeitig ist das Scherzen, mein König und Gemahl!

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Du magst den Todten schmähen, er war dein grimmster Feind, –

Doch nicht vor meinem Auge, das täglich ihn beweint.“

Der König fuhr vom Sitze: „Was raubte dir sein Tod,
Das ich mit reichen Händen nicht tausendfach dir bot?

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_231.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)