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Er sank auf’s Haupt der Treppe, sie an der Treppe Fuß,

Sie starben ohne Sühne, sie schieden ohne Gruß. –

Und soll ich weiter künden, was ferner sich begab?
Longinus legt die Beiden zusammen in ein Grab;
Und wieder kam der Frühling und deckt in sel’ger Ruh’

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Mit einem Blumenteppich Haß und Liebe zu.


*   *   *


Nach langen, langen Jahren irrt fern im fremden Land
Ein namenloser Bettler blind und unbekannt;
Einst schwellte seine Glieder furchtbare Heldenkraft,
Jetzt stützt den Todesmüden sein alter Lanzenschaft.

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Doch will er einmal ruhen vom freudelosen Lauf,

So führt ihm die Erinn’rung ein gräßlich Bild herauf,
Ein Bild fluchtodten Glückes voll Rache, Trug und Mord, –
Und ohne Ruhe wandert der blinde Bettler fort.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_248.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)