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Hier und dort, und schon versinkt es
In ein seliges Verderben!“ –

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Also sprach der Held Schafara,

Und in seinem Herzen rauscht es
Wie das Sprudeln frischer Bronnen,
Da des alten Lied’s er dachte;
Und entzückt von der Erinn’rung

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Und der Gegenwart der Schönheit

Beugt er sich verlangend nieder
Zu dem regungslosen Bilde.
Doch da fällt von seinem Barte
Eine eisig graue Welle

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Auf des Mädchens schwarze Locken, –

Und der Held erhebt sich langsam,
Blicket starr hinweg und nicket
Mit dem Haupt in tiefem Ernste:
„Jene Zeit ist lang’ vorüber,

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Jenes Lied ist längst verklungen,

Und ich bin ein Thor im Alter! –
Friede mit dir, Stern von Chaibar!
Deines Leibes Frühlingsblume
Mag ein Frühlingssturm entblättern,

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Nicht des Herbstes rauher Athem.

Hab’ ich nicht mein rüstig Leben
Durchgekämpft für Ehr’ und Schönheit?
Und ich sollte nun im Alter
Meiner Jugend Werk beschimpfen,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_260.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)