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nicht erblicken konnten. Sie hörten neben sich ein Gezisch, dem die Schlange gleichfalls mit einem Gezisch antwortete; sie horchten auf und konnten endlich Folgendes vernehmen: Wir werden, sagten ein paar wechselnde Stimmen, uns erst incognito in dem Park der schönen Lilie umsehen, und ersuchen Euch, uns mit Anbruch der Nacht, sobald wir nur irgend präsentabel sind, der vollkommenen Schönheit vorzustellen. An dem Rande des großen Sees werdet ihr uns antreffen. Es bleibt dabei, antwortete die Schlange, und ein zischender Laut verlor sich in der Luft.

Unsere drey Wanderer beredeten sich nunmehr, in welcher Ordnung sie bei der Schönen vortreten wollten, denn so viele Personen auch um sie seyn konnten, so durften sie doch nur einzeln kommen und gehen, wenn sie nicht empfindliche Schmerzen erdulden sollten.

Das Weib mit dem verwandelten Hunde im Korbe nahte sich zuerst dem Garten und suchte ihre Gönnerin auf, die leicht zu finden war, weil sie eben zur Harfe sang; die lieblichen Töne zeigten sich erst als Ringe auf der Oberfläche des stillen Sees, dann wie ein leichter Hauch setzten sie Gras und Büsche in Bewegung. Auf einem eingeschlossenen grünen Platze, in dem Schatten einer herrlichen Gruppe mannichfaltiger Bäume, saß sie und bezauberte beim ersten Anblick auf’s neue die Augen, das Ohr und das Herz des Weibes, das sich ihr mit Entzücken näherte und bei

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Das Mährchen. Aus: Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Funfzehnter Band. Stuttgart und Tübingen, Cotta’sche Buchhandlung. 1829, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Goethe_Werke_LH_15_233.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)