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See hergleiten, gleich als wenn er auf Schlittschuhen ginge.

Die Schlange veränderte nicht ihre Stelle, aber die Lilie stand auf und rief ihm zu: welcher gute Geist sendet dich in dem Augenblick, da wir so sehr nach dir verlangen und deiner so sehr bedürfen?

Der Geist meiner Lampe, versetzte der Alte, treibt mich und der Habicht führt mich hierher. Sie spratzelt, wenn man meiner bedarf, und ich sehe mich nur in den Lüften nach einem Zeichen um; irgend ein Vogel oder Meteor zeigt mir die Himmelsgegend an, wohin ich mich wenden soll. Sey ruhig, schönstes Mädchen! ob ich helfen kann weiß ich nicht, ein Einzelner hilft nicht, sondern wer sich mit vielen zur rechten Stunde vereinigt. Aufschieben wollen wir und hoffen. Halte deinen Kreis geschlossen, fuhr er fort, indem er sich an die Schlange wendete, sich auf einen Erdhügel neben sie hinsetzte und den todten Körper beleuchtete. Bringt den artigen Canarienvogel auch her und leget ihn in den Kreis! Die Mädchen nahmen den kleinen Leichnam aus dem Korbe, den die Alte stehen ließ, und gehorchten dem Manne.

Die Sonne war indessen untergegangen, und wie die Finsterniß zunahm, fing nicht allein die Schlange und die Lampe des Mannes nach ihrer Weise zu leuchten an, sondern der Schleier Liliens gab auch ein sanftes Licht von sich, das wie eine zarte Morgenröthe ihre blassen Wangen und ihr weißes Gewand mit einer unendlichen

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Das Mährchen. Aus: Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Funfzehnter Band. Stuttgart und Tübingen, Cotta’sche Buchhandlung. 1829, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Goethe_Werke_LH_15_245.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)