Seite:De Heimatlos (Spyri) 066.jpg

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Da ermunterte ihn der Wirt freundlich, er solle nur ohne Kummer schlafen gehen, morgen könne er dann die Frau Menotti wieder besuchen, die ihn hierher geschickt habe; die sei eine gar gute Frau und könne ihn vielleicht als Knechtlein gebrauchen, wenn er nicht wisse, wohin.

Aber die Wirtin riß den Mann immer noch am Ärmel, so als ob er nicht sagen sollte, was er sagte; er redete aber doch fertig, denn er begriff nicht, was sie wollte.

Nun fingen die Männer an den Tischen wieder zu lärmen an, sie wollten noch einmal ihr Lied gespielt haben. Da rief aber die Wirtin: „Nein, nein, am Sonntag dann wieder; er fällt ja um vor Müdigkeit.“ Damit nahm sie den Rico an der Hand und führte ihn hinauf in eine große Kammer, da hing das Roßgeschirr an der Wand, und in der einen Ecke war Korn aufgeschüttet, und in der anderen stand sein Bett. In wenigen Minuten lag Rico darin und schlief tief und fest.

Später, als in dem Hause alles still geworden war, da saß der Wirt noch an dem Tischchen, wo Rico gesessen, und die Frau stand vor ihm — denn sie war noch am Aufräumen — und sagte mit Eifer: „Den mußt du der Frau Menotti nicht wieder zuschicken; ein solches Bürschchen kann ich gerade gebrauchen zu allerhand Geschäften, und hast du denn nicht bemerkt, wie er geigen kann? Sie wurden ja alle wie wild davon. Gib acht, das gibt einen Geiger ab, wie keiner ist von unseren dreien, und Tänze spielen lernt der schon, dann hast du ihn für nichts an allen Tanztagen und kannst ihn noch ausleihen. Den mußt du gar nicht mehr aus der Hand lassen, er sieht manierlich aus und gefällt mir; den behalten wir.“

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_066.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)