Seite:De Heimatlos (Spyri) 116.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wurde ganz fromm gestimmt von Stinelis Worten und sagte, sie wolle nun in Frieden zur Ruhe gehen, es habe ihr recht wohl gemacht mit seiner Zuversicht.


Zwanzigstes Kapitel.
In der Heimat.

Als der goldene Sonntagmorgen über den Garten mit den roten Blumen leuchtete, trat Frau Menotti heraus und setzte sich auf die Rasenbank am Zaun. Sie schaute ringsum und hatte ihre eigenen Gedanken dabei. Hier die Oleanderblumen und die Lorbeerhecke dahinter, dort die vollen Feigenbäume und die goldenen Weinranken dazwischen, – da sagte sie leise für sich: „Gott weiß, ich wäre froh, wenn mir das Unrecht vom Gewissen genommen würde; aber so schön, wie es hier ist, würde ich's nirgends mehr finden.“

Jetzt trat der Rico in den Garten; er mußte ja heut' Nachmittag fort, und so den ganzen Tag, ohne einmal zu kommen, konnte er's nicht gut aushalten. Als er gerade nach der Stube gehen wollte, rief ihn Frau Menotti und sagte:

„Setz dich einen Augenblick hier zu mir; wer weiß, wie lange wir hier noch nebeneinander sitzen werden!“

Rico erschrak.

„Warum denn, Frau Menotti, Ihr geht doch nicht fort?“

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_116.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)