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bei Silvios Bett und es ging an ein Fragen und Erzählen und Berichten und wieder an ein Frohlocken über das Ende der schweren Trennungszeit; und es war ein solcher Festabend, daß man hätte denken können, diesen vier Menschen könne gar nichts mehr mangeln zu einem fertigen Glück. Aber dem Rico mußte es ganz anders sein. Mitten in der Fröhlichkeit fing er auf einmal zu staunen an, wie vorzeiten; doch währte es nicht so lange wie damals, er mußte ziemlich bald einen befriedigenden Endpunkt gefunden haben, denn plötzlich war das Staunen vorbei, und mit der größten Bestimmtheit sprach er die Worte aus:

„Das Stineli muß auf der Stelle meine Frau werden, sonst kommt es uns noch einmal fort, wir halten es nicht aus.“

Der Silvio geriet sogleich in die äußerste Begeisterung für dieses Unternehmen, und es währte gar nicht lange, so waren alle einig darüber, daß es so sein müsse und gar nicht anders sein könnte. –

Am schönsten Maitage, der je über Peschiera geleuchtet hatte, bewegte sich ein langer Festzug von der Kirche her der „Goldenen Sonne“ entgegen. Voran kam der hochgewachsene Rico stattlich dahergeschritten, an seiner Seite das frohäugige Stineli mit einem frischen Blumenkränzlein auf dem Kopf; dann kam in weichgepolstertem Wägelchen, von zwei fröhlichen Peschierabuben gezogen, der kleine Silvio, freudeglänzend wie ein Triumphator, darauf folgte die Mutter Menotti, ganz gerührt und ergriffen in ihrem rauschenden Hochzeitsstaat, nach ihr der Bursche mit einem Blumenstrauß, der ihm die ganze Brust bedeckte; und nun wogte ganz Peschiera daher in der allerlautesten Teilnahme; denn das schöne Paar wollten alle sehen und mit

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_126.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)