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schauten einander an, und Onkel Max schlug ein helles Gelächter auf und rief: „Wer ist denn der Schreiner Andres, um den deine ganze Familie sich zu reißen scheint?“

„Das mußt du besser wissen als ich“, entgegnete der Oberst; „es wird wohl ein Jugendfreund von dir sein, und das Fieber der Verehrung wird auch dich noch ergreifen, es muß in eurer Familie sein, bei uns hat es die Mutter verbreitet. Ich kann dir so viel sagen, daß der Schreiner Andres völlig der Grundstein meines Hauses ist, auf dem alles feststeht und entschieden auseinandergehen würde, sollte dem Hause dieser Halt entkommen. Der Schreiner Andres ist hier Rat, Trost, Heil und Hilfe in der Bedrängnis. Strebt meine Frau nach einem Hausgerät, von dem sie gar nicht weiß, wie es aussehen soll, noch wozu man es braucht, – der Schreiner Andres erfindet es und schafft es zur Stelle. Bricht Feuers- oder Wassersnot in der Küche oder im Waschhaus los, – der Schreiner Andres greift in die Elemente und bringt das Feuer ins Stocken und das Wasser in Fluß. Macht mein Sohn einen recht dummen Streich, – der Schreiner Andres dreht ihn wieder zurecht. Schmeißt meine Tochter das sämtliche Hausgeräte entzwei, – der Schreiner Andres leimt es wieder zusammen. So ist der Schreiner Andres recht eigentlich die stützende Säule meines Hauses, und wenn diese zusammenbrechen würde, so gingen wir alle in Trümmer.“

Die Mutter war unterdessen wieder eingetreten, und wohl zu ihrem Besten schilderte der Vater die Verdienste des Schreiners Andres so eingehend. Onkel Max lachte, daß es schallte.

„Lacht ihr nur! Lacht ihr nur!“ sagte die Mutter. „Ich weiß schon, was ich an dem Schreiner Andres habe.“

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_141.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)