Seite:De Heimatlos (Spyri) 190.jpg

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mußte er doch gewiß sehen, ob da jemand hineingehen wolle, denn damit wollte er lieber beginnen, als mit der schweren Arbeit. Er stand und stand – es kam niemand. Er hörte die Uhr halb zwölf schlagen – es kam niemand. Auf den Nachmittag stand aber ein Ausflug bevor, es sollte früh Mittag gemacht werden heut', er sollte so schnell wie möglich zu Hause sein. Er mußte also hinein an die Arbeit, es grauste ihm. Er machte die Tür auf – da – Otto starrte noch mehr als das erste Mal – wahrhaftig es war so, es war alles getan, schöner als je. Dem Otto wurde es ganz eigentümlich zumut', es schwebte ihm etwas wie eine Geistergeschichte vor. Ganz leise, wie nie sonst, schlich er zur Tür hinaus. Gerade in diesem Augenblick kam ebenso leise etwas aus des Lehrers Küche herausgeschlichen, und auf einmal stand das Wiseli ganz nahe vor ihm; beide fuhren zusammen vor Schrecken, und das Wiseli wurde über und über rot, so, als hätte es der Otto auf einem Unrecht erwischt. Jetzt ging diesem ein Licht auf.

„Sicher hast du das für mich gemacht die ganze Woche lang, Wiseli“, rief er aus; „das tut doch gewiß sonst kein Mensch, wenn er nicht muß.“

„Es hat mich aber so gefreut, es zu tun, wie du gar nicht glaubst“, gab Wiseli zur Antwort.

„Nein, nein, das mußt du nicht sagen, Wiseli; so etwas zu tun, kann keinen Menschen auf der Welt freuen“, sagte Otto überzeugt.

„Doch gewiß, gewiß“, versicherte Wiseli, „ich habe die ganze Zeit lang mich immer auf den Abend gefreut, wenn ich es wieder tun durfte, und während ich aufräumte, habe ich mich erst recht immerzu gefreut, weil ich immer

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_190.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)