Seite:De Heimatlos (Spyri) 219.jpg

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Tisch durch einige deutliche Mahnungen geben wollen, daß es schweigen solle, hatte aber den unrechten Platz getroffen und mit seinem Stiefel des Vaters Bein in erstaunlicher Weise bearbeitet. Das hatte Otto nun entdeckt; er durfte nicht mehr aufschauen.

„Nun Miezchen“, fing der Vater wieder an, „was ist denn aus deiner Räubergeschichte geworden, du kamst ja gar nicht zu Ende. Also 'Artischocke' hat der furchtbare Mann dich genannt und den Stecken erhoben und dann?“

„Dann, dann“, stotterte Miezchen kleinlaut – denn es hatte begriffen, daß es auf einmal alles verraten hatte, und daß der Otto den Zuckerhahn zurückfordern würde –, „dann hat er mich doch nicht totgeschlagen.“

„So, das war eine Artigkeit von ihm“, lachte der Vater, „und dann weiter?“

„Dann weiter gar nichts mehr“, wimmerte Miezchen.

„So, so, die Geschichte nimmt also ein fröhliches Ende. Der Stecken bleibt in der Luft, und Miezchen geht als kleine Artischocke nach Hause. Jetzt wollen wir gleich anstoßen auf alle wohlgeratenen Artischocken und auf des Schreiners Andres Gesundheit!“

Damit hob der Vater sein Glas, und die Tischgesellschaft stimmte ein. Es standen aber alle ein wenig still vom Tisch auf, denn in jedem waren allerlei schwere Gedanken aufgestiegen, nur der Vater blieb unangefochten, setzte sich zu seiner Zeitung und steckte eine Zigarre an. Otto schlich ins andere Zimmer hinüber, drückte sich in eine Ecke und dachte darüber nach, wie es sein werde, wenn alle anderen wieder im Mondschein schlitten würden und er nie mehr dabei sein dürfte, denn er wußte, daß die Mutter dies von nun an verbieten würde. Miezchen kroch

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_219.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)