Seite:De Heimatlos (Spyri) 224.jpg

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Das Miezchen war ganz weich geworden. „Ich will ihm den roten Zuckerhahn geben“, schluchzte es.

Auch Otto war ein wenig zerknirscht. Er sagte zwar etwas verächtlich: „Ja noch gar, einen Zuckerhahn einem erwachsenen Menschen geben! Behalt du den nur für dich.“ Aber dann bat er die Mutter, ihm und Miezchen zu erlauben, dem Joggi etwas zu essen in den Stall zu bringen, er hatte gar nichts gehabt, seit er dort kauerte, zwei ganze Tage lang.

Das erlaubte die Mutter gern, und es wurde sogleich ein Korb geholt und Wurst und Brot und Käse hineingesteckt. Dann gingen die Kinder den Berg hinunter, dem Stalle zu.

Mit einem ganz weißen, erschreckten Gesicht kauerte der Joggi hinten im Winkel und rührte sich nicht. Die Kinder kamen ein wenig näher. Otto zeigte dem Zusammengekrümmten den offenen Korb und sagte:

„Komm hervor, Joggi, komm, das ist alles für dich zum essen.“

Joggi bewegte sich nicht.

„Komm doch, Joggi“, mahnte Otto weiter, „siehst du, sonst kommt der Bauer und sticht dich mit der Heugabel hervor.“

Joggi stieß einen erschreckten Ton aus und krümmte sich noch enger zusammen in den Winkel hinein, wie in ein Loch.

Jetzt ging Miezchen vorwärts und kam ganz nahe an den Joggi heran, hielt den Mund an sein Ohr und flüsterte hinein: „Komm du nur mit mir, Joggi, sie dürfen dich nicht köpfen, der Papa hilft dir schon, und siehst du, das Christkindlein hat dir einen roten Zuckerhahn gebracht“;

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_224.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)