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der vollständigen Verurteilung, vor dem ich heute nur deshalb weniger zittere als in der Kinderzeit, weil das ausschliessliche Schuldgefühl des Kindes zum Teil ersetzt ist durch den Einblick in unser beider Hilflosigkeit.

Die Unmöglichkeit des ruhigen Verkehrs hatte noch eine weitere eigentlich sehr natürliche Folge: ich verlernte das Reden. Ich wäre ja wohl auch sonst kein grosser Redner geworden, aber die gewöhnlich fliessende menschliche Sprache hätte ich doch beherrscht. Du hast mir aber schon früh das Wort verboten. Deine Drohung: „kein Wort der Widerrede!“ und die dazu erhobene Hand begleiten mich schon seit jeher. Ich bekam vor Dir - Du bist, sobald es um Deine Dinge geht, ein ausgezeichneter Redner - eine stockende, stotternde Art des Sprechens, auch das war Dir noch zu viel, schliesslich schwieg ich, zuerst vielleicht aus Trotz, dann weil ich vor Dir weder denken, noch

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Franz Kafka: Brief an den Vater, Seite 8a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Brief_an_den_Vater_029.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)