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Geringere von den zweien war. Der andere nämlich, nicht größer als der Vollbärtige und mit viel geringerem Bart, war ein stiller langsam denkender Mann, von breiter Gestalt, auch das Gesicht breit, den Kopf hielt er gesenkt. „Herr Landvermesser,“ sagte er, „hier könnt Ihr nicht bleiben. Verzeiht die Unhöflichkeit.“ „Ich wollte auch nicht bleiben,“ sagte K., „nur ein wenig mich ausruhen. Das ist geschehen, und nun gehe ich.“ „Ihr wundert Euch wahrscheinlich über die geringe Gastfreundlichkeit,“ sagte der Mann, „aber Gastfreundlichkeit ist bei uns nicht Sitte, wir brauchen keine Gäste.“ Ein wenig erfrischt vom Schlaf, ein wenig hellhöriger als früher, freute sich K. über die offenen Worte. Er bewegte sich freier, stützte seinen Stock einmal hier, einmal dort auf, näherte sich der Frau im Lehnstuhl, war übrigens auch der körperlich Größte im Zimmer.

„Gewiß,“ sagte K., „wozu brauchtet ihr Gäste. Aber hie und da braucht man doch einen, z. B. mich, den Landvermesser.“ „Das weiß ich nicht,“ sagte der Mann langsam, „hat man Euch gerufen, so braucht man Euch wahrscheinlich, das ist wohl eine Ausnahme, wir aber, wir kleinen Leute,

Empfohlene Zitierweise:
Franz Kafka: Das Schloß. München: Kurt Wolff Verlag. 1926, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Schlo%C3%9F_023.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)