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hatte ihn vergessen über der Erzählung. Sie spielte mit den Fransen ihres Tuches. Erst nach einem Weilchen blickte sie auf, fuhr sich mit der Hand über die Augen und sagte: „Auch dieses Tuch ist von Klamm. Und auch das Häubchen. Das Bild, das Tuch und das Häubchen, das sind die drei Andenken an ihn, die ich habe. Ich bin nicht jung wie Frieda, ich bin nicht so ehrgeizig wie sie, auch nicht so zartfühlend, sie ist sehr zartfühlend, kurz ich weiß mich in das Leben zu schicken, aber das muß ich eingestehen, ohne die drei Dinge hätte ich es hier nicht so lange ausgehalten. Diese drei Andenken scheinen Ihnen vielleicht gering, aber sehen Sie, Frieda, die so lange mit Klamm verkehrt hat, besitzt gar kein Andenken, ich habe sie gefragt, sie ist zu schwärmerisch und auch zu ungenügsam, ich dagegen, die nur dreimal bei Klamm war, später ließ er mich nicht mehr rufen, ich weiß nicht warum - habe doch wie in Vorahnung der Kürze meiner Zeit diese Andenken mitgebracht. Freilich, man muß sich darum kümmern, Klamm selbst gibt nichts, aber wenn man dort etwas Passendes liegen sieht, kann man es sich ausbitten.“

Empfohlene Zitierweise:
Franz Kafka: Das Schloß. München: Kurt Wolff Verlag, 1926, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Schlo%C3%9F_153.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)