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Das Warten dauerte länger, als K. gedacht hatte. Längst schon war er mit dem Essen fertig, die Kälte war empfindlich, aus der Dämmerung war schon völlige Finsternis geworden und Klamm kam noch immer nicht. „Das kann noch sehr lange dauern“, sagte plötzlich eine rauhe Stimme so nahe bei K., daß er zusammenfuhr. Es war der Kutscher, der, wie aufgewacht, sich streckte und laut gähnte. „Was kann denn lange dauern?“ fragte K., nicht undankbar wegen der Störung, denn die fortwährende Stille und Spannung war schon lästig gewesen. „Ehe Sie weggehen werden“, sagte der Kutscher. K. verstand ihn nicht, fragte aber nicht weiter, er glaubte auf diese Weise den Hochmütigen am besten zum Reden zu bringen. Ein Nichtantworten hier in der Finsternis war fast aufreizend. Und tatsächlich fragte der Kutscher nach einem Weilchen: „Wollen Sie Kognak?“ „Ja“, sagte K. unüberlegt, durch das Angebot allzusehr verlockt, denn ihn fröstelte. „Dann machen Sie den Schlitten auf,“ sagte der Kutscher, „in der Seitentasche sind einige Flaschen, nehmen Sie eine, trinken Sie und reichen Sie sie mir dann. Mir ist es wegen des Pelzes zu beschwerlich hinunterzusteigen.“

Empfohlene Zitierweise:
Franz Kafka: Das Schloß. München: Kurt Wolff Verlag, 1926, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Schlo%C3%9F_198.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)