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führbar ohne Amalia, alle waren nur Vorberatungen, sinnlos dadurch, daß ihre Ergebnisse gar nicht bis zu Amalia kamen, und wenn sie hingekommen wären, nichts anderes angetroffen hätten als Schweigen. Nun, glücklicherweise verstehe ich heute Amalia besser als damals. Sie trug mehr als wir alle, es ist unbegreiflich, wie sie es ertragen hat und noch heute unter uns lebt. Die Mutter trug vielleicht unser aller Leid, sie trug es, weil es über sie hereingebrochen ist, und sie trug es nicht lange; daß sie es heute noch irgendwie trägt, kann man nicht sagen und schon damals war ihr Sinn verwirrt. Aber Amalia trug nicht nur das Leid, sondern hatte auch den Verstand, es zu durchschauen, wir sahen nur die Folgen, sie sah den Grund, wir hofften auf irgendwelche kleine Mittel, sie wußte, daß alles entschieden war, wir hatten zu flüstern, sie hatte nur zu schweigen, Aug’ in Aug’ mit der Wahrheit stand sie und lebte und ertrug dieses Leben damals wie heute. Wie viel besser ging es uns in aller unserer Not als ihr. Wir mußten freilich unser Haus verlassen. Brunswick bezog es, man wies uns diese Hütte zu, mit einem Handkarren brachten wir unser Eigentum

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Franz Kafka: Das Schloß. München: Kurt Wolff Verlag, 1926, Seite 404. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Schlo%C3%9F_404.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)