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Mannes Tochter und Milch zum Waschen und Wein zum Trinken vor der Frau Tochter und dabei bliebs. Die Frau ward auf ihrer Stieftochter spinnefeind und wußte nicht, wie sie es ihr von einem Tag zum andern schlimmer machen sollte. Auch war sie neidisch, weil ihre Stieftochter schön und lieblich, ihre rechte Tochter aber häßlich und widerlich war.

Einmal im Winter, als es steinhart gefroren hatte und Berg und Thal vollgeschneit lag, machte die Frau ein Kleid von Papier, rief dann das Mädchen und sprach: „da zieh das Kleid an, und geh in den Wald und hol mir ein Körbchen voll Erdbeeren, ich habe Lust darnach.“ Ei, du lieber Gott, sagte das Mädchen, im Winter wachsen ja keine Erdbeeren, die Erde ist gefroren und der Schnee hat auch alles zugedeckt. Wie soll ich in dem Papierkleide gehen? es ist draußen so kalt, daß einem der Athem friert, da weht ja der Wind hindurch und die Dornen reißen mirs vom Leib.“ „Willst du mir noch widersprechen? sagte die Stiefmutter, mach, daß du fortkommst und laß dich nicht eher wieder sehen, als bis du das Körbchen voll Erdbeeren hast.“ Dann gab sie ihm noch ein Stückchen hartes Brot und sprach: „davon kannst du für den Tag essen;“ und dachte, draußen wirds verfrieren und verhungern, und mir nimmermehr wieder vor die Augen kommen.

Nun war das Mädchen gehorsam, that das Papierkleid an und ging mit dem Körbchen hinaus. Da war nichts als Schnee die Weite und Breite und kein grünes Hälmchen zu merken. Als es in den Wald kam, sah es ein kleines Häuschen, daraus guckten

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_071.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)