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und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinaufbringen.“ Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Thor. Das ward aufgethan und wie das Mädchen darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so daß es über und über davon bedeckt war. „Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist,“ sprach die Frau Holle und gab ihm auch noch die Spuhle wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Thor verschlossen und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief:

„Kikeriki
unsere goldene Jungfrau ist wieder hie!“

Da ging es hinein zu seiner Mutter und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es gut aufgenommen.

Als die Mutter hörte, wie es zu dem Reichthum gekommen, wollte sie der andern häßlichen und faulen Tochter gern dasselbe Glück verschaffen, und sie mußte sich auch an den Brunnen setzen und spinnen, damit ihr die Spuhle blutig ward, stach sie sich in die Finger und zerstieß sich die Hand an der Dornenhecke. Darnach warf sie sie in den Brunnen und sprang selber hinein. Sie kam, wie die andere, auf die schöne Wiese und ging auf demselben Pfad weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, schrie das Brod wieder: „ach! zieh mich ’raus, zieh mich ’raus, sonst verbrenn ich, ich bin schon längst ausgebacken!“ die Faule aber antwortete: „da hätt’ ich Lust, mich schmutzig zu machen!“ und ging fort.

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_131.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)