Seite:De Kinder und Hausmärchen Grimm 1819 V1 165.jpg

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Kinde, ich kann sie aber nicht finden; sie mögen wohl verschmachtet seyn!“ Der Engel bot ihm zu essen und zu trinken an, er nahm es aber nicht und wollt nur ein wenig ruhen; da legte er sich schlafen und deckte sein Tuch über das Gesicht.

Darauf ging der Engel in die Kammer, wo die Königin mit ihrem Sohne saß, den sie gewöhnlich Schmerzenreich nannte, und sprach zu ihr: „geh heraus mit sammt deinem Kinde, dein Gemahl ist gekommen.“ Da ging sie hin, wo er lag und das Tuch fiel ihm vom Angesicht; da sprach sie: „Schmerzenreich, heb deinem Vater das Tuch auf und deck ihm sein Gesicht wieder zu.“ Und er hob es auf und deckte es wieder über sein Gesicht. Das hörte der König im Schlummer, und ließ das Tuch noch einmal gerne fallen. Da sprach sie wiederum: „Schmerzenreich, heb deinem Vater das Tuch auf und deck ihm sein Gesicht wieder zu.“ Da ward das Knäbchen ungeduldig und sagte: „liebe Mutter, wie kann ich meinem Vater das Gesicht zudecken, ich habe ja auf der Welt keinen Vater. Ich habe das Beten gelernt: unser Vater der du bist im Himmel! da hast du gesagt, mein Vater wär im Himmel und wäre der liebe Gott: wie soll ich einen so wilden Mann kennen? der ist mein Vater nicht!“ Nun richtete sich der König auf und fragte, wer sie wäre. Da sagte sie: „ich bin deine Frau und das ist dein Sohn Schmerzenreich.“ Und er sah ihre lebendigen Hände, und sprach: „meine Frau hatte silberne Hände.“ Sie antwortete: „die natürlichen Hände hat mir Gott wieder wachsen lassen“ und der Engel ging in die Kammer, holte die silbernen und zeigte sie ihm. Da sah

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_165.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)