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75.


Der Fuchs und die Katze.


Es trug sich zu, daß die Katze in einem Walde dem Herrn Fuchs begegnete, und weil sie dachte, er ist gescheidt und wohl erfahren und gilt viel in der Welt, so sprach sie ihm freundlich zu: „guten Tag, lieber Herr Fuchs, wie stehts? wie gehts? wie schlagt ihr euch durch in dieser theuern Zeit?“ Der Fuchs, alles Hochmuths voll, sah sie an von Kopf bis zu Fuß und wußte lang nicht, ob er etwas antworten sollte. Endlich sprach er: „o du armer, buntscheckiger Wicht, du Hungerleider und Mäusejäger, was kommt dir in den Sinn! fragst, ob mirs wohl gehe und bin Herr über hundert Künste!“ Die Katze wollte ihm bescheidentlich antworten, aber in dem Augenblick kam ein Dachshund daher gelaufen. Wie der Fuchs ihn sah, machte er, daß er in seine Höhle kam, die Katze aber sprang behend auf eine Buche und setzte sich in den Gipfel, wo Aeste und Laubwerk sie ganz verbargen. Bald kam der Jäger und der Dachshund spürte den Fuchs und packte ihn. Wie die Katze das sah, rief sie ihm hinab: „ei, Herr Fuchs, seyd ihr doch mit euern hundert Künsten stecken geblieben. Hättet ihr herauf kriechen können, wie ich, so wärs nicht um euer Leben geschehen.“

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_391.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)